FTSE 100: Wird der Brexit bald rückabgewickelt?
Nicht nur in den USA und Frankreich stehen Wahlen an, auch die nicht so unwichtige Insel dazwischen, das Vereinigte Königreich Großbritannien, schickt sich am 4. Juli, über seine nächste Regierung mit Parlamentswahlen zu bestimmen.
Das der Wahltermin ausgerechnet auf den US-Unabhängigkeitstag fällt ist zwar Zufall, könnte aber irgendwie nicht besser ausgedacht sein. Denn die konservative britische Regierung erhoffte sich ja einst vom Brexit den großen Vorteil unabhängiger Handelsabkommen (wie auch Donald Trump sie propagierte). Doch ausgerechnet der große Bruder jenseits des Atlantik will nicht so wie die Briten, die unabhängige Braut ist somit nicht schöner als die Abhängige.
Nach den Wahlumfragen ist die Wahrscheinlichkeit sehr hoch, das der konservative Premier Rishi Sunak nach nicht einmal zwei Jahren im Amt die macht an den Labour-Kandidaten Keir Starmer verlieren wird. Die Ausgangssituation ähnelt dabei jener von vor 27 Jahren, als John Major am Ende auch die Verantwortung für 18 Jahre konservativer Regierung übernehmen musste. Diesmal hat Sunak nach 14 Jahren die Bürde des Prügelknaben übernommen.
Vor allem die Folgen der Brexit-Entscheidung (aber auch der „Zeitenwende“ durch den Russland-Ukraine-Krieg) sind es, die den Machtwechsel begründen. Die Segnungen des Freihandels, die sich die Konservativen 2016 versprochen, sind nur Monate später durch den „Zoll-Präsidenten“ Trump durchkreuzt worden.
Eine Rückabwicklung des Brexit dürfte damit zwar nicht sofort auf der Agenda stehen, aber im Laufe der Labour-Regierungszeit durchaus ein Thema werden. Die Briten hatten solche Wendungen auch bereits in den Sechziger und Siebziger Jahren des vergangen Jahrhunderts vollzogen.
Schaut man sich die Börsenentwicklung in Form der langfristigen Chart-Kurve des FTSE 100 an, so lässt sich gut erkennen, dass die administrativen Umbrüche 1997 und 2010 (Rückeroberung der Macht durch die Konservativen) zunächst zu Kursgewinnen geführt haben. Allerdings fielen die Zugewinne bei den konservativen Regierungen geringer aus, als bei den Mitte-Links-Regierungen. In den USA sind ähnliche Tendenzen zu erkennen.
Hierfür gibt es die unterschiedlichsten Gründe, häufig liegt es daran, dass die Umbrüche durch die konservativen Regierungen deutlich heftiger ausfielen. Aktuell schickt sich der FTSE 100 an, eine Neubewertungsrallye fortzusetzen (ähnlich wie 1997). Das nächste technische Ziel liegt dabei bei 9175 Punkten und könnte bis Ende dieses Jahres erreicht werden. Da der FTSE 100 viele Finanz- und Immobilienwerte enthält, zudem auch nicht wenige Rohstoffwerte, könnten diese Branchen auch in anderen europäischen Märkten unter besondere Beobachtung geraten.