Die US-Zinssenkung in Gefahr
von Daniel Fehring
Es ist unumstritten, dass sich die Finanzmärkte seit Monaten nur um ein Thema drehen: die Zinssenkungen in den USA. Wann kommen sie? Wie viele werden es sein und wie hoch werden sie ausfallen? Es spielt fast gar keine Rolle mehr, wie verschuldet eine Volkswirtschaft ist oder wie sich die wirtschaftliche Entwicklung darstellt. Mit einer Zinssenkung beginnt eine neue Welt, und zwar eine bessere.
Die Märkte gehen davon aus, dass ab Juni die US-Zinsen gesenkt werden. Zwei weitere Schritte sollen dann noch in 2024 folgen. Angesichts der aktuellen Wirtschaftsdaten aus den USA ist dieses „wishful thinking“ kaum realisierbar für die Fed.
Es gibt einen Störfaktor in der ganzen Zinsdebatte: die steigenden Energiepreise. Diese werden von der Politik bestimmt und der westliche politische Austausch mit den produzierenden Ländern (OPEC+) ist nicht gerade der Beste. Im Hinterkopf hat man hier Russland, Iran, Brasilien, Venezuela, etc. Mittlerweile liegt der Westen fast mit allen OPEC+-Staaten im Clinch. Dabei steigt die Nachfrage an Energie in der östlichen Hemisphäre, somit ergeben sich für fördernde Länder neue Möglichkeiten und der Westen ist womöglich bald unterversorgt.
Das aktuelle Szenario lässt die Öl- und Gaspreise steigen und somit auch die Inflation. Um die Zinsen senken zu können, sollte man erst einmal ein wenig Ordnung auf dieser Welt schaffen. Ansonsten spaltet sich Ost und West weiter auf und die Energiepreise steigen noch weiter. Die OPEC+-Länder freuen sich und die Verbraucher im Westen werden es zu spüren bekommen.
Nicht umsonst hat das FED-Mitglied Raphael Bostic, Chef der Atlanta Fed, gestern die Aussage gemacht, dass bei der aktuellen Lage eine US-Zinssenkung erst in 2025 getätigt werden kann. Solche Aussagen eröffnen Raum für weitere Spekulationen, oder anders ausgedrückt, die Märkte können jeden Tag wieder oszillieren, und die Zeitungen haben etwas zu schreiben.
Auf jeden Fall ist sich die Welt zu sicher, dass eine allgemeine Zinswende im Juni eintreten wird. Der Vorsitzende der Fed, Jerome Powell, hat das angedeutet, aber die Zahlen und Fakten sprechen gegen diese Aussage. Es ist wahrscheinlich anzunehmen, dass die Welt noch viel mehr Geduld für Zinssenkungen benötigen wird. Diese werden kommen, aber nicht dann, wenn sie gewünscht werden, sondern wenn sie sinnvoll sind.